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Gitarre aus 3D-Drucker überzeugt als Instrument

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Als ich anfing, mich für 3D-Drucker zu interessieren, habe ich diese Geräte nur als kleines Spielzeug zur Herstellung noch kleinerer Spielzeuge gesehen. Dass man damit auch größere und komplexere Sachen als zum Beispiel Smartphone-Cases herstellen kann, daran habe ich in dem Moment gar nicht gedacht. Mit der Zeit bekam ich immer mehr von größeren Objekten mit, welche auch mit anderen Werkstoffen als Kunststoff hergestellt werden. Anscheinend kann man auch mit Holz drucken bzw. einer Masse, die aus Sägespänen und einem Verbundstoff besteht. Als langjähriger Musiker stellte sich mir sofort die Frage, ob man damit nicht auch eine E-Gitarre einfach und schnell bauen könnte und ob diese dann klangtechnisch mit den konservativ hergestellten Instrumenten mithalten kann. Da habe ich mir vorgenommen, irgendwann mal selbst eine 3D-Gitarre zu drucken und diese dann mit professionellen Messinstrumenten mit einer gewöhnlichen Gitarre zu vergleichen.

Da ich etwas ungeduldig war, begann ich ein wenig im Internet zu dem Thema zu recherchieren und gelangte schnell zu einem Youtube-Video, in dem einige gedruckte Gitarren mit verschiedenen Spielarten getestet wurden.

Ich sah mir dieses Video aufmerksam an und mir fiel auf, dass der Sound der getesteten 3D-Gitarren ziemlich gut war. Mir hat dabei nur ein kleines bisschen Klarheit im Klang gefehlt, wobei das auch an dem Video liegen kann. Ich las noch schnell die Videobeschreibung, was aber nichts an meiner Enttäuschung änderte, dass gedruckte Kunststoffgitarren dem guten alten Handwerk bald den Rang ablaufen könnten. Moment. Kunststoffgitarren? In der Beschreibung stand eindeutig, dass alle Gitarren aus Kunststoff (Duraform PA, eine besonders harte Nylon-Verbindung) gedruckt wurden. Das konnte nicht möglich sein. All die Jahre wurde mir immer wieder gesagt, wie wichtig das Holz ist, aus dem der Gitarrenkorpus besteht. Unter dem Video befand sich auch ein Link zur Herstellerseite von Odd-Guitars. Dort fand ich eine sehr ansprechende Präsentation der verschiedenen Modelle, auch ein E-Bass war mit dabei.

Auf einer Seite wurde dann das Geheimnis gelüftet, wie genau die 3D-Gitarren aufgebaut sind. Der Hals und der Kopf bestehen wie bei gewöhnlichen Gitarren aus zwei oder mehr verschiedenen Holzarten, welche auch ganz normal aus einem Stück herausgearbeitet werden. Im inneren des Kunststoffkorpus befindet sich jedoch zusätzlich ein kleiner Holzblock, auf welchem Tonabnehmer, Brücke und der Hals befestigt sind. Dieser Holzblock wird so geschickt durch den Korpus getarnt, dass nur die eingearbeiteten Bauteile sichtbar sind.

Wow! Ich war völlig überwältigt, wie raffiniert diese Instrumente gefertigt sind. Einen essenziellen Vorteil gegenüber herkömmlicher Holzgitarren habe ich noch gar nicht erwähnt: Die gedruckten 3D-Gitarren sehen echt gut aus. Nehmen wir als Beispiel die “Americana”.

Von dem sehr schönen Paintjob mal abgesehen (die Flagge der USA mit einem Weißkopfseeadler vor dem Halsanfang) hat die 3D-Gitarre alles andere als eine glatte Oberfläche. Von der Flagge sieht man nur die roten Streifen an der Oberfläche. Die weißen Streifen sind als Hohlräume in die Stratocaster-Gitarre eingearbeitet. Und wenn man genauer hinsieht, erkennt man in diesen Hohlräumen bekannte Bauwerke wie die Freiheitsstatue, die Brooklyn-Bridge und die “LOVE“-Skulptur von Robert Indiana. Alle Bauwerke sind unglaublich detailliert – das wäre mit einer Holzgitarre nahezu unmöglich. Hierfür ist die Stärke der einzelnen Drucklayer verantwortlich: sagenhafte 0,1mm.

Als weiteres Beispiel möchte ich die “Steampunk” zeigen – dieses Telecaster-Modell gefiel mir am besten.

Die Oberfläche besteht aus einem grobmaschigen metallisch-farbenen Gitter, unter der sich eine Vielzahl von miteinander verbundenen Zahnrädern befindet. Außerdem liegt dort noch ein Kolben, welcher mit einem der Zahnräder verbunden ist, umgeben von einigen Röhren. Alles sieht sehr alt und angerostet aus, eben typisch Steampunk. Das Design an sich ist schon genial, doch diese 3D-Gitarre hat noch ein kleines Feature in Form eines Motors eingebaut. Betätigt man einen kleinen Schalter, fangen die Zahnräder an, sich zu drehen und somit den Kolben anzutreiben. Das wäre mit einer normalen Gitarre unmöglich. Schaut es euch am besten selbst an, es ist unglaublich schön und wenn man mit so einer 3D-Gitarre auf der Bühne steht, ist es egal, wie man spielt – man hat definitiv einen guten Eindruck hinterlassen.

Alles in allem war ich sehr positiv überrascht, auch wenn ich in der Hinsicht doch recht konservativ bin. Aber ich habe mir vorgenommen, dass ich mir, wenn ich Mittel und Wege gefunden habe, so eine 3D-Gitarre zulegen werde. Die “Steampunk” steht ganz oben auf meiner Wunschliste.