Kunstreproduktionen zuhause und im Museum
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Kunstreproduktionen zuhause und im Museum

Aktivist Cosmo Wenman will die Venus von Milo für jedes Wohnzimmer. Er experimentiert mit kostengünstigen, akkuraten und freiverfügbaren Repliken von Skulpturen. Und, wer hätte das gedacht: Mehr und mehr Museen wollen das auch.

Die Basler Skulpturenhalle, das Smithsonian Institute in Washington und das Getty Institute digitalisieren Kunst und Artefakte in immer größeren Mengen. Sie generieren Informationen über die Kunstwerke, ihre Geschichte, Formen und Farben. Viel wird improvisiert und ständig professionalisiert beim Scannen, der Rapid Capture Photography oder dem Lasersintern. Und damit ist im Gegensatz zu CAD eine neue, historische Quelle für 3D-Drucker entstanden.

Geht man davon aus, dass ein Objekt, wie in der Kunst, immer mehr Wert ist als die bloßen Material- und Nutzwerte, stößt man bei 3D-Druck schnell auf schwierige Fragen. Kunstobjekte gewinnen ihren Wert unabhängig vom Nutzen und aus einem anderen Materialverständnis. 3D-Druck als künstlerisches Medium ist noch zu erforschen. Als wichtiges konservatorisches Instrument zieht diese Technik jedoch gerade lautstark in die Werkstätten und Forschungslabore ein.

In den nächsten Jahren will das Smithsonian in Washington, der größte Museumskomplex der Welt, zu dem auch das Museum of American History gehören und viele andere, 10% der Bestände digitalisiert haben. Das sind 14 Millionen Objekte. Zurzeit in den Scannern: 41.000 verschiedene Hummelarten. Die Digitalisate werden über das Internet öffentlich gezeigt und zum Download und zur Interaktion angeboten. Einen 3D-Druck kann damit jeder selber in Auftrag geben. Die Werke bleiben erhalten, konserviert, man kann mit den Kopien arbeiten und Erhaltungszustände vergleichen. Günter Waibel ist Director of Digitization des Smithsonian und gibt Einblicke in den Job.

Reproduktionen im Klassenzimmer, einmal einen Bernini anfassen, fehlende Skulturteile am Computer neu entwerfen und Verfallsstadien durch Druck materialisieren – die Möglichkeiten machen gierig! Wird die Gesamtheit der Kunstgeschichte uns also bald real Zuhause zur Verfügung stehen? Kann ich mir einen Rodin drucken und neben dem Picasso aufstellen? Was bei 2D-Kunstdrucken bis heute trotz Lizenzen und kommerziellen Rechteverwertern relativ einfach möglich ist, wird auch beim 3D-Druck nicht zu verhindern sein! Warum auch? Die größte Kunst ist immer und überall verfügbar. Ganz so, wie man sich heute auf YouTube Wagneropern in HD auf den Flatscreen und die Surround-Lautsprecher rufen kann.

Bleibt die Frage, ob Drucke in Zukunft ernst genommen werden und größere Akzeptanz und Wertigkeit erhalten, als ein kitschiges Impressionistenposter in der Arztpraxis.

Und schon wieder bröckelt der Kunstbegriff

“Kunst aus dem 3D-Drucker ist nicht vergleichbar mit dem Original.“

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Was ist es, das eine Kunst-Erfahrung zu einer echten Kunsterfahrung macht? Kommt sie aus dem 3D-Drucker, ändert sich die Bedeutung einer Linie. Auch die Form einer ziemlich perfekten Kopie ist niemals so original wie das Vorbild. In der Kunst der Antike war die Nachahmung der Natur maßgebend. Diese Kopien waren aufwendige Werke für sich – Handarbeit und irgendwie wertvoll. Dann wollte man die Natur übertreffen, Schönheit schaffen und schließlich sich selbst mit in das Werk schreiben. Der Trend ging zur absoluten Individualität. Deswegen ist eine Kopie heute so viel „schlechter“ als das Original. Welche Bedeutung hat da eine auf Knopfdruck erstelle 3D-gedruckte Kopie? Insbesondere dann, wenn es für jeden frei verfügbar und nachdruckbar als Datei zur Verfügung gestellt wird?

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